Die Technik ist doch Wahnsinn! Ich kann mich noch erinnern, wie ich mir vor 15 Jahren ein 4-Spur-Kassetten-Aufnahmegerät von Fostex geleistet habe. Heute gibt es stattdessen winzig kleine Geräte wie z.B. den Micro von BOSS, einem Mehrspuraufnahmegerät inkl. Effekten und MP3 für die Hosentasche. Aufgefallen sind mir außerdem Gitarrentrainer, also Geräte, die Songs langsamer abspielen, so dass man schwierige Passagen mitspielen und nach und nach die Geschwindigkeit erhöhen kann. Diese Geräte sind preislich auch einigermaßen erschwinglich, daher habe ich mir den Gitarrentrainer MP-GT1 von Tascam zugelegt. Argument für den Kauf ist klar das Format MP3 und die Verbindung zum Computer – es gibt ähnliche Geräte, mit denen sich CDs langsamer abspielen lassen.
Der erste Eindruck
Also das Gerät ausgepackt und bestaunt. Ist offen gesagt größer als erwartet. Auf den ersten Blick macht der GT1 einen robusten Eindruck: Unterschale aus Metall, und eine rote Abdeckung aus Plastik. Gewundert habe ich mich nur, dass im Lieferumfang kein Kopfhörer enthalten ist. Persönlich lege ich zwar keinen übersteigerten Wert auf einen weiteren Kopfhörer (in wahrscheinlich schlechter Qualität), aber bei 195 Euro hätte TASCAM wenigstens anstandshalber einen dazu legen können – soll doch immerhin ein walkman-ähnliches Gerät zum Üben unterwegs sein.
Weiter im Programm: Ein- und Ausgänge
Wie zu erwarten, lässt sich die Gitarre über einen klassischen Klinkeneingang anschließen. Also das normale Gitarrenkabel rein, und es kann losgehen. Die Klinkenbuchse nimmt natürlich einiges an Platz in Anspruch, was eine Erklärung für die Größe des Gerätes ist.
Der Gitarrentrainer MP-GT1 hat einen Miniklinke-Ausgang für Kopfhörer. Mit diesem Ausgang kann der Gitarrentrainer auch an den CD-Eingang eines Verstärkers angeschlossen werden, so dass der geneigte Gitarrist parallel über seinen eigenen Verstärker spielen kann, während der MP-GT1 den Backingtrack dazu liefert. Hierfür ist ein Adapter von Miniklinke auf „normale“ 6,3 mm Klinke erforderlich. Wer also an eine solche Verwendung denkt, der sollte sich gleich so einen Adapter mit bestellen bzw. besorgen.
Um Songs vom PC auf den MP-GT1 zu überspielen, gibt es einen USB-Anschluss, der GT1 wird über dieses Kabel auch aufgeladen. Das passende Verbindungskabel liegt dem Trainer bei. Der Trainer wird übrigens auch über das USB-Kabel geladen. Finde ich persönlich praktischer, weil ich nicht ein weiteres Netzteil herumfliegen habe 😉
In der Praxis
Ok, nachdem die Formalitäten nun geklärt sind, ran an den Praxistest. Das Verbinden mit dem Rechner und das Übertragen von Songs in den dafür vorgesehenen Ordner auf dem Trainer ist nun wirklich kein Thema.
ACHTUNG: MP3 only! Als iTunes-Nutzer musst du deine Songs eventuell konvertieren. Standardmäßig benutzt iTunes ein anderes Dateiformat für audio-Dateien.
Nun gut. Songs rüber kopiert und Trainer verkabelt. Kann losgehen – aber halt! Den Trainer kann ich weder am Gitarrengurt noch am Gürtel befestigen. Ein bissel doof, da ich im Stehen übe. Ist zwar nicht so dolle, kann ich aber noch unter „Geschmacksfrage“ abhaken.
Die Menüführung und damit die Bedienung des MP-GT1 sollte dem MP3-Player-gestählten Nutzer jedoch keine Probleme bereiten. Ähnlich wie beim iPod bedient man den Trainer mit einem Auswahlrad und 5 Tasten. Sollte es dennoch Fragen geben, so kann man immer noch auf das Handbuch zurückgreifen. Mir hat es jedenfalls keine Probleme bereitet, Songs auszuwählen und abzuspielen.
Läuft ein Song, so gilt es, die Lautstärke der eigenen Gitarre einzustellen. Dazu kann einerseits der Input-Level per Rädchen verändert werden, zum anderen kann die Balance der eigenen Gitarre und des Playbacks mit zwei Druckknöpfen eingestellt werden. Im weitesten Sinne also auch unproblematisch.
Das Üben
Wie sieht es aus mit den Trainer-Funktionen? Auch diese lassen sich relativ problemlos aktivieren. Besonders gut gelungen finde ich persönlich die Loop-Funktionen. Ich setze einfach eine Marke am Anfang der Passage, die wiederholt werden soll. Ist sie vorbei, setze ich durch Knopfdruck einen zweiten Marker. Die Loops lassen sich dann z.B. auch verlangsamen, so dass diese Funktion beim Üben leicht zum Einsatz kommt.
Letzte Funktionsbastion sind die eingebauten Effekte. Diese sind auch mein größter Kritikpunkt: erstens kann ich zwar eigene Effekteinstellungen vornehmen, diese aber nicht dauerhaft abspeichern. Zweitens kann ich nicht per Knopfdruck zwischen zwei Effekten hin und her schalten bzw. einen Effekt ein oder ausschalten. Das ist sicherlich in Ordnung, wenn ich den Trainer dafür nutze, einzelne Passagen zu üben und dafür nur einen Effekt benötige. Wenn ich jedoch zu Backing Tracks, Playalongs oder einfach den Songs spielen will, kann ich nur mühselig zwischen Clean und Crunch oder Lead und Rhythm umschalten. Dies schränkt das Üben kompletter Songs natürlich ein.
Abschließend…
Offen gesagt bestand meine größte Sorge vor dem Kauf darin, dass der Gitarrentrainer MP-GT1 ein Gerät ist, was mir als Konsument eine einfache Nutzung suggeriert, sich dann aber als verspieltes und kompliziertes Gerät herausstellt. Dem ist nicht zum Glück nicht so! Den meisten technikgewohnten Benutzern sollte die Verwendung des Geräts selbst ohne Handbuch keine Probleme bereiten. Als Trainer für Passagen und Soli ist das Gerät bestens geeignet. Der Funktionsumfang lässt eigentlich auch keine Wünsche offen. Stimmgerät ist drin, ein Metronom ist ebenfalls enthalten. Und ja, es sind auch Effekte drin. Diese finde ich in der Anwendung allerdings eher unpraktisch. Aus / An oder ein Umschalten ist nicht ohne weiteres drin, und eigene Effekte kann ich mir ebenfalls nicht auf Dauer einstellen. Das macht das Üben z.T. etwas schwerfällig, weil ich zwischendrin immer wieder pausieren muss, um entsprechende Einstellungen vorzunehmen. Vermisst habe ich ebenfalls den Kopfhörer, sowie die Möglichkeit, den Trainer sinnvoll am Körper oder der Gitarre zu befestigen.
FAZIT
Für 195 Euro ist der Gitarrentrainer MP-GT1 preislich doch eine Investition, die das Taschengeldbudget deutlich überschreitet. Für den beschriebenen Funktionsumfang ist das Gerät auch teuer, hier gibt es sicherlich attraktive Alternativen. Z.B. das BOSS Micro BR 4 Spur Kompakt-Studio, das ebenfalls für knappe 200 Euro über den Ladentisch geht. Kostenlos dagegen sind Windows Media Player oder andere Software, die ebenfalls in der Lage ist, Songs in verschiedenen Geschwindigkeiten abzuspielen.
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